Spielbericht "Polizei"

Theater in der Au e. V.
Spielbericht "Polizei"

Was macht eine Diktatur, wenn alle politischen Gegner übergelaufen und jetzt glühende Regierungsanhänger sind? Als auch der letzte politische Häftling seinem „Irrglauben“ abschwört und dem Diktator und seinem Neffen, dem Infanten, huldigt, ist guter Rat teuer. Denn die politische Polizei hat nichts mehr zu tun und schafft sich damit selbst ab. Ist das im Sinne des Polizeipräsidenten? Eine Lösung muss her und die kommt aus den Reihen der Polizei. Der glühendste Anhänger des Diktators, ein Polizist, wird überredet, den Widerständler zu geben, verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Und da beginnt er dann plötzlich, Umsturzideen zu entwickeln und lässt sich von dem ehemaligen Gefangenen, der zum neuen „Experten in Sachen umstürzlerischer Tätigkeiten“ avanciert ist, überreden, ein Bombenattentat auf die Frau Generalin zu planen. Die Bombe explodiert und die Ordnungshüter verhaften sich gegenseitig. Aber kann ein Polizeibeamter, der sich im Zustand der gegenseitigen Verhaftung befindet, einen dritten verhaften? In diesem Durcheinander erscheint nicht nur Generalin, sondern in der sonst friedlichen Seele des Sergeanten erwacht auch der Rebell, und er ruft mit durchdringender Stimme: „Es lebe die Freiheit!“

Der polnische Schriftsteller Slawomir Mrozek hat sein Stück, das in einem namenlosen Land spielt, 1958 geschrieben und ist dadurch international bekannt geworden. Mit den Mitteln des absurden Theaters kritisiert er mit griffigen Pointen das Leben in einer Gesellschaft, das geprägt ist von der Kontrolle durch die Polizei, einer Partei, dem Staat und seiner Bürokratie.

Wenn man sich das von Sławomir Mrozek 1958 verfasste Theaterstück ansieht, hat man das Gefühl im Geheimdienstwirrwarr zu stecken. Wer bespitzelt eigentlich wen? Oder wer bespitzelt wen nicht? Mrozek enthüllt wie Edgar Snowden die Machenschaften von Geheimdiensten und Überwachungsstaaten. Heute hat die Überwachung eines jeden ein Maß angenommen, die Mrozek 1958 nicht für möglich gehalten hätte.

Das Theater in der Au hat das Stück in ein sparsames Bühnenbild gesetzt, in dem ein überdimensionierter Schreibtisch des Polizeipräsidenten die Macht im Staat repräsentiert. Die sechs Schauspieler agieren gekonnt und bringen die Absurdität der ganzen Situation sehr gut zur Geltung. Die Gesellschaft, die sie auf der Bühne entstehen lassen, ist eine  Gesellschaft, der die Fähigkeit zur Anpassung zur zweiten Natur geworden ist.  Und trotzdem bleibt ein Hoffnungsschimmer: „Es lebe die Freiheit!“ Bravo für eine sehr gute Ensembleleistung des Theater in der Au!