Spielbericht: Die Toilette der Firma

ArtikultTheater e. V.
Spielbericht: Die Toilette der Firma

„Die Toilette der Firma“ von Tristan Choisel ist ein modernes, aus dem französischen stammendes Theaterstück, dass erstmals vom ArtikultTheater in München auf die Bühne gebracht wird. In der Firma Farbo, die Parfümflakons herstellt – sehr schön dargestellt durch weitgehend sinnbefreite Arbeitsschritte zur Herstellung des Produktes – verschwindet ein Mitarbeiter in einer Toilette und ist nicht mehr auffindbar. Kollegen, Geschäftsleitung und Polizei sind ratlos, die Familie verzweifelt. Als noch eine weitere Mitarbeiterin – diesmal auf der Damentoilette - verschwindet, steigert sich die Panik. Niemand benutzt mehr die Toilette, sondern sucht Erleichterung in den nahegelegenen Grünflächen. Die Pause, die streng eingehalten werden muss, wird geteilt in Männer – und Frauenbenutzungszeiten. Die Grünflächen beginnen zu leiden. Nachdem noch zwei weitere Mitarbeiter verschwunden sind und die Spekulationen über Außerirdische und In-Luft-auflösen nicht abreißen, entschließt sich die Geschäftsleitung, das paranormale Phänomen durch Experten untersuchen zu lassen. Diese finden auch den Geist der Firma in der Toilette, der nicht bereit ist, seinen Appetit zu zügeln und auf einen Mitarbeiter pro Jahr besteht, den er verschwinden lassen will. Allerdings lässt er sich breitschlagen, Geschäftsleitung, Sekretariat und Ingenieure davon auszunehmen, denn die sind ja so schwer zu ersetzen. Der Arbeiterschaft, die ohne den Job arbeitslos wäre, verkauft man es entsprechend.

„Die Toilette der Firma“ ist ein skurriles, bitterböses Stück, das den Kapitalismus in seiner Schonungslosigkeit aufs Korn nimmt. Die Textvorlage wurde zuerst aus dem Französischen übersetzt und entsprach dann in keiner Weise einem normalen Rollentext. Die Texte mussten den verschiedenen Schauspielern und Schauspielerinnen zugewiesen werden und verlangten deren kräftige Mithilfe bereits im Vorfeld. Heraus kam ein Stück in vielen kleinen Szenen, in denen 7 Schauspieler und Schauspielerinnen insgesamt 37 Rollen meistern und mit hintergründigem Humor eine makabre Situation darstellen. Eine sehr schöne Ensembleleistung!

Das ArtikultTheater entstand 1997 aus einem Theaterworkshop am Münchner Galli-Institut. Seither – und das sind immerhin über 25 Jahre – wird jedes Jahr ein Stück geplant. Dabei fiel das ArtikultTheater immer wieder auf durch die extravagante Auswahl seiner Stücke, die fernab vom Mainstream sind. Sie legen den Finger auf gesellschaftliche Phänomene und zeigen schonungslose Wahrheiten auf. Was man am ehesten an einem professionellen Schauspielhaus erwartet, bringt das ArtikultTheater als Freie Bühne mit professionellem Niveau auf die Bühne, unter anderem in der Pasinger Fabrik in München. Eine schöne seltene Blume, die da im Garten der Amateurtheater Bayerns gewachsen ist. Man darf gespannt sein, was von dieser Gruppe noch zu erwarten ist.